Anfang Mai 2021. Zeit für ein Update in Sachen Klein List, Verkehrsberuhigung, Begegnungszone und die beteiligte Initiative „Ideen fürs Lehen“.
Das erste Vierteljahr 2021 fiel für das öffentliche Leben im Viertel etwas, naja, verhalten aus. Die Initiative „Ideen für Lehen“ konnte sich nicht wirklich treffen, zumal es bis vor Kurzem auch nicht wahnsinnig viel zu berichten gab. Dennoch passierte eine ganze Menge. Im Dezember 2020 übergab Heinz Lermann überarbeitete Pläne für eine zunächst provisorische Variante der Begegnungszone „Klein List“ an das Stadtplanungsamt sowie an unser Bezirksamt Stuttgart Süd, also dem Bezirksvorsteher. Und natürlich haben wir weiter online Unterstützerinnen und Unterstützer gesucht, Meinungen und Ideen gesammelt .
Das Plan-Update ist bei der Stadtverwaltung angekommen
Wir hatten uns Ende letzten Jahres intern mit einigen Interessent:innen über die Pläne ausgetauscht und auch angeboten, die neuen Pläne einmal öffentlich im Bezirksbeirat vorzustellen. Zunächst war aber die Stadt am Zug, sich einmal mit den Ideen auseinander zu setzen. Die Verwaltung vertagte die Vorstellung aus zwei Gründen:
- Im Januar und Februar fanden wegen Corona keine Sitzungen statt. Also konnte auch nichts vorgestellt werden. Auch jetzt gerade finden weniger Sitzungen statt, weil die Räumlichkeiten nicht ausreichend in der notwendigen Größe verfügbar sind.
- Bezirksvorsteher Raiko Grieb wollte zunächst einmal mit den verschiedenen Ämtern über die Pläne beraten, also neben dem Stadtplanungsamt und dem Bezirk z.B. auch mit dem Ordnungsamt. Das kommt immer ins Spiel, wenn sich im Verkehr etwas ändert. Also zum Beispiel, wenn Parkplätze wegfallen oder wenn öffentlicher Raum anderweitig für bestimmte Zwecke (um)genutzt wird, etwa wenn ein Gasthaus wie das Lehen die Nutzung von Parkplätzen für die Außenbewirtung beantragt.
Provisorischer Start: Klein List als Verkehrsversuch
Hier ein kleiner Aufriss dessen, was im Laufe des Jahres 2020 zusammen mit Herrn Lermann und Frau Zeese vom Planungsbüro FPZ Zeese und unserer Initiative entstanden ist.
Klein List soll zunächst einmal als provisorische Verkehrsberuhigung eingerichtet werden – sozusagen ein Pilotprojekt, um die Verkehrsberuhigung und die Schaffung von mehr Grün und Aufenthaltsflächen im Straßenraum zu evaluieren. Über mindestens zwei Jahre soll begleitend dazu untersucht werden, wie der zusätzliche Freiraum angenommen wird und wie das Viertel und seine Bewohner:innen mit dem notwendigen Wegfall von rund 15 Parkplätzen zurecht kommt.
So schaut das Ganze aus: Im Bereich des Provisoriums „Klein List 2.0“ soll der Verkehr auf Spielstraßen-Niveau gedrosselt werden, die Fahrbahn wird dafür verengt, statt Parkplätzen kommen Baum- und Blumenkübel sowie Sitzgelegenheiten, Radbügel, Außengastro und anderer Möblierung auf den bisherigen Parkraum. Das Ganze umfasst rund 50 Meter der Liststraße zwischen Strohberg und Römerstraße mit der Einmündung der Pelargusstraße in der Mitte. Der Raum soll für alle Menschen verfügbar sein und dabei nach unseren Vorstellungen auch den Nutzer:innen Gestaltungsspielräume geben.
Parallel dazu regten wir als Initiative an, dass am Ein- und Ausgang der verkehrsberuhigten Begegnungszone je zwei Carsharing-Autos stehen, damit betroffene Anwohner – wie auch alle anderen Lehenviertel-Bewohner – künftig neue, sicher verfügbare Mobilitäts-Alternativen zur ewigen Parkplatzssuche bekommen. Immerhin haben Stadtmobil-Fahrzeuge immer einen sicheren Parkplatz. Zwei neue Stadtmobile gibt es ja mittlerweile an der Liststraße 1, gegenüber vom neuen „Café Lang – my best Espresso“. Dass Carsharing den Bestand an Privat-PKW in einem Stadtvierteln senken kann, haben zahlreiche Studien der letzten Jahre gezeigt. Wie die bisherige Carsharing-Bilanz direkt in unserem Umfeld ausfällt, haben wir auch schonmal nachgerechnet. Weitere Alternativen wollen wir ebenfalls in die Verkehrsberuhigung einberechnen, zum Beispiel der überall sichtbare Trend zu Lastenrädern, die gerade bei Familien in der Stadt oft das Zweit-Auto ersetzen, etwa um Kinder zur Kita zu bringen oder in der Umgebung einkaufen zu gehen.
Die Straßenecken am Strohberg und an der Römerstraße sollen zudem fußgängerfreundlich ausgebaut werden – mit Gehwegnasen und Pollen, so dass sich vor allem Kinder beim Überqueren der Straße nicht mehr zwischen illegal geparkten Autos vortasten müssen, sondern bis zur Sichtachse auf die Straße sicher auf dem Gehweg gehen. Diese Erweiterungen stehen seit Jahren auf der Wunschliste der Stadtverwaltung bei Haushaltsberatungen über die Budgets der Stadtentwicklungspauschale (STEP). Dieses Jahr sollen zumindest die Planungsmittel dafür vorgesehen werden. Auch das wäre eine tolle Sache, nachdem die Liststraße bereits vor Jahren im Fußverkehrskonzept der Stadt Stuttgart als Flanierroute ausgewiesen wurde – und sich tatsächlich einer großen Beliebtheit erfreut, auch unter den verschiedenen thematischen Stadtrundgängen, die hoffentlich bald wieder stattfinden.
Mehr Kurz-Parker an Ecken schaffen
Bei den Geschäften an den Straßenecken haben wir vorgeschlagen, mehr Kurzparker-Plätze für Kunden auszuweisen. Das bietet sich neben dem Bereich um Klein List auch an der Kreuzung Lehen-/Liststraße an, wohin gerade der Bäcker Frank umgezogen ist. Seitdem hat sich hier vor allem morgens ein veritables Kurzhalte-Biotop gebildet, wo Autofahrer:innen ihre PKW zum Brezelholen teils mitten in den Kreuzungsbereich stellen.
Es tut sich was!
Die Stadtverwaltung hat sich die Pläne inzwischen angeschaut. Auch eine interne Abstimmung zwischen Stadtplanungs-, Ordnungs- und Bezirksamt fand statt. Für die nächste Sitzungen des Bezirksbeirats am Dienstag 4. Mai 2021 (unter Corona-Bedingungen im Großen Sitzungssaal im Rathaus) hat die Verwaltung angekündigt, das Ganze im Rahmen der verschiedenen Haushalts-Beratungen für den Bezirk Stuttgart Süd vorzustellen.
Es tut sich also etwas. Sind wir mal gespannt, was die Verwaltung aus den Plänen gemacht hat und ob man unseren Ideen, Recherchen und Argumentationen folgt.
Die Ideen und Pläne brauche natürlich Unterstützung – oder auch kritische Kommentare. Hier könnt Ihr mitmachen, informiert bleiben, Eure Meinung kund tun.
Mai 8, 2021 um 7:41 am
Mit Sorge und auch etwas Ärger lese ich diesen Beitrag. Ich wohne just dort, wo dieser Feldversuch stattfinden soll. Ich finde es schade und befremdlich, dass diesbezüglich noch nie mit den Bewohnern gesprochen wurde.
Als jemand, der ein Diplom mit dem Wort Stadtplanung hat, erscheint mir das Konzept fragwürdig und vor allem geht es gegen die Interessen der Bewohner – mehr Lärm, u.a. zu Zeiten, in denen man in einem Wohngebiet auch mal schlafen will. Weniger Parkplätze – ein Traum für die Leute, die den Luxus haben, kein Auto zu brauchen um zu arbeiten.
Vor allem ist es aber schade, dass gerade ein Verein, der sich den Anstrich von-Bewohner-für-Bewohner gibt, nicht mit den Betroffenen redet. So reagiert z.B. auch der Autor des Artikels, zudem Bezirksbeirat, nicht auf Emails.
Wie kommen Sie zu der Aussage, dass viele Bewohner Ihre Ideen gut finden? Da ich als unmittelbar Leidtragender nicht befragt wurde, kann keine systematische Erhebung der Bedürfnisse der Bewohner stattgefunden haben. Es erscheint mir, als ob Ihre Aussagen auf subjektivem Hörensagen und nicht auch belastbaren Zahlen basieren?
Letztlich möchte ich Sie jedoch gerne darin bestärken, dass der fliessende Verkehr beruhigt wird, dass mehr Grün ins Viertel kommt – wenn wir es schaffen, dass Kinder auf der Strasse spielen können, waren wir erfolgreich.
Aber die Maßnahmen sollten primär den Bewohnern dienen und erst in zweiter Linie dem Kommerz oder “Espresso-Touristen”.
Mai 10, 2021 um 10:12 am
Danke für den Beitrag, Jens. Stimmt, es fand bisher keine systematische Befragung zu diesen neuen Plänen statt, weil eben derzeit wenig Möglichkeiten für eine größere Zusammenkunft bestehen. Im Rahmen der STEP-Beratungen wurde aber eben dies auch im Bezirksbeirat beschlossen, und wir hoffen sehr, dass wir im Laufe des Sommers wieder direkter im Viertel kommunizieren können.