Nach längerer Pause kommt heute ein Update: Was sich in Bezug auf Klein List in der Stadtverwaltung getan hat, was demnächst ansteht (ja, tatsächlich) und welcher Plan folgen könnte – wenn daran Interesse besteht.

Ein bisschen erschreckend ist es schon zu sehen, dass der letzte Beitrag auf diesen Seiten aus dem Sommer 2021 stammt. Das war der Zeitpunkt, als die Stadtverwaltung in Vorbereitung auf den Doppelhaushalt 2022/23 unter anderem Projekte vorgestellt hat, die über die Stadtentwicklungspauschale STEP finanziert und umgesetzt werden sollten. Klein List kam dabei nebenbei vor und wurde insgesamt positiv aufgenommen. Seitdem hatte die Verwaltung den Ball in ihrem Spielfeld, weshalb ich selbst als Viertelbewohner und Bezirksbeirat das Ganze nur beobachten konnte – und hin und wieder beim zuständigen Planer nachfragte, was aus dem Projekt geworden ist, das ja Heinz Lermann schon anno 2015 erstmals gemeinsam mit Anwohnerinnen und Gewerbetreibenden im Viertel als Idee präsentiert hatte (die Älteren unter uns erinnern sich).

Aber immer schön der Reihe nach. Denn vor zwei Wochen gab es nun endlich mal wieder einen offiziellen Bericht über den Stand der Dinge.

Planungen und interne Abstimmungen

Im Mai 2021 hatte der städtische Planer Felix Märker den Plan einer testweisen Umgestaltung der Liststraße präsentiert, mit der sich die Verkehrsberuhigung und Begrünung erreichen lassen sollte. Er nahm aus dem Bezirksbeirat grundsätzlich Zustimmung dazu mit, dass er weiter planen solle. Über seine Pläne und mögliche Alternativen hatten sich im letzten Sommer (2022) Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Ämter zusammen gesetzt, die mit einem solchen Projekt beschäftigt sind. Das waren neben dem Stadtplanungsamt auch die Straßenverkehrsbehörde (Ordnungsamt), die Planungsabteilung für STEP-Mittel, das Tiefbauamt, das Garten-, Friedhofs- und Forstamt sowie der Bezirksvorsteher von Stuttgart Süd. In diesem Fall durfte ich letzteren wegen Termin-Kollisionen vertreten. Ebenfalls mit dabei war Herr Lermann mit einer Kollegin aus dem Architekturbüro FPZ.

Was passieren kann – und wann

Der jetzige Bericht im Bezirksbeirat basiert zum Großteil auf den Ergebnissen der Beratung vom Juli letzten Jahres. Viele weitere Planungen sind seither nicht passiert. Das hat mich überrascht, zeigt es doch, in welchen Zeitintervallen und kleinen Schritten die Abstimmungen zwischen Ämtern ablaufen.

Die lange Zeit seit dem letzten Bericht im Bezirksbeirat brachte aber auch alle möglichen Entwicklungen hervor: Heinz Lermann und seine Kollegin hatten nach den Beratungen im Mai 2021 selbst noch einmal ihre eigenen Pläne für Klein List aus dem Jahr 2015 überarbeitet. In den Ämtern war man zwischenzeitlich zu dem Schluss gekommen, dass eine provisorische Umgestaltung eines kurzen Straßenzuges wenig effektiv sei – immerhin bindet sie fast ebenso viel Planungs- und Umsetzungskapazitäten (also auch Kosten) wie ein dauerhafter Umbau, ist aber eben doch nur temporär. Und das sieht manchmal einfach nicht schön aus, was wiederum der Akzeptanz schaden kann. Daher hat man sich in der Abstimmung im Sommer 2022 darauf verständigt, Klein List in seiner überarbeiteten Form gleich richtig zu planen (siehe Planskizze) und die entsprechenden Mittel für den städtischen Haushalt 2025/25 anzufordern.

Aktuelle Planskizze für Klein List: 16 Bäume, insgesamt verengte Fahrbahn, Ecken mit Gehwegnasen und viel nutzbarere Raum im zentralen Bereich.

Laut Stadtplanungsamt geht es dabei in zwei Abschnitten um mindestens 2,4 Millionen Euro für die Aufpflasterung und Begründung der Ecken einerseits sowie den teilweisen Umbau des Straßenraum im Bereich Klein List mit genereller Verengung der Fahrbahn und der Pflanzung von insgesamt ca. 16 Bäumen zwischen den Kreuzungen Strohberg/Liststraße und Römer-/Liststraße. Um den Anspruch an eine Schwammstadt-Maßnahme zu untermauern plant die Stadt für den Bereich (Zone 20 oder verkehrsberuhigter Bereich) auf dem Gehweg so genanntes Sickerpflaster, das Regenwasser durchlässt, den Baumbeeten zuführt und so die Überflutungsgefahr bei Starkniederschlägen mindern soll. Das gefiel den Gestaltern weniger, in der Wirkung klingt es aber sinnvoll.

Zudem wollen die Ämter auch den Verkehr in der Liststraße eindämmen. Gemeint ist damit vor allem der Durchgangsverkehr zwischen Immenhofer Straße und alter Weinsteige. Im Protokoll der ämterübergreifenden Abstimmung war noch von möglichen Einfahrt- und/oder Abbiege-Beschränkungen die Rede, im Bezirksbeirat wurden solche Details nicht genannt. Es besteht hier aber offenbar sowohl die Chance, noch passende Maßnahmen wie Einbahnstraßenregelungen oder modale Filter an Kreuzungen einzubringen als auch die Möglichkeit, diese bei den anstehenden Planungen zu ergänzen.

Personalnot = Verzögerung

All das klang erst einmal vielversprechend. Dann kam allerdings der Dämpfer: Die Bauplanung durch das Tiefbauamt könne frühestens 2025 beginnen, auch für den Bereich der Kreuzungen. Was das im Endeffekt bedeutet, ist an anderen Orten zu besichtigen. Am unteren Ende der Neuen Weinsteige wurden kürzlich Belag-Erneuerungen mit Baumpflanzungen und einem Radschutzstreifen umgesetzt , deren Planung aus dem Jahr 2014 stammt. Kurzum: Ob Klein List im aktuellen Jahrzehnt vollständig umgesetzt werden kann, steht in den Sternen.

Aber: Das Tiefbauamt hat vor 2025 einige andere Prioritäten, so der zuständige Planungs-Ingenieur. Es leide massiv unter Personalmangel. Eine Beschleunigung sei nur möglich, wenn passende Bewerber auf die offenen Stellen verfügbar wären, so der für Stuttgart-Süd zuständige Ingenieur (dies dürfen junge Bauingenieur:innen mit Schwerpunkt Verkehrs-/Tiefbau gern als Einladung verstehen. Bewerbungen bitte mit Hashtag #KleinListJetzt o.ä.).

Stuttgarter Ecken als schnelle Maßnahme

An den Kreuzungen im Lehenviertel ist indes die Not am größten, nachdem über beide Kreuzungen (wie über viele andere Ecken) Schulwege verlaufen, die hier fast täglich illegal zugeparkt sind. Bereits in der Ämter-Abstimmung und jetzt auch wieder im Bezirksbeirat war die Ansicht mehrheitsfähig, dass wir hier nicht auf die Jahre 2025ff warten können, sondern dass schnell etwas passieren muss. Immerhin haben wir seit Jahren ein Fußverkehrskonzept, das Umgestaltungen von Ecken und Kreuzungen gerade entlang von Fußverkehrs- und Flanierrouten dringend empfiehlt. Und die Liststraße ist eine der beliebtesten Flanierrouten der Stadt.

Nun plant die Stadt die Einrichtung der so genannten Stuttgarter Ecken an beiden Kreuzungen als „Sofortmaßnahme“. Dabei werden die Ecken mit Bügeln oder Pollern abgesperrt, so dass Fußgänger, Rollstuhlfahrer und Kinderwägen einfacher und mit offenen Sichtachsen über die Straße gehen können und Autos sich nicht direkt auf der Ecke abstellen lassen (siehe Skizze). Im Anschluss daran sollen an den Kreuzungen Fahrrad- und Lastenradbügel sowie Abstellflächen für Leih-E-Scooter angelegt werden. Dies entlastet den (Zweirad-Park-)Raum auf den Gehwegen und soll für den Fußverkehr die Sichtachsen beim Überquerten der Straße weiter verbessern. Diese Lösung kostet die illegal genutzten Abstellflächen für Autos an den Ecken sowie ein paar Parkplätze. Sie bringt im Gegenzug echte Vorteile für den gesamten bewegten Verkehr, einschließlich Autofahrenden, die an den Kreuzungen eine bessere Sicht in die einmündenden Straßen haben.

Die „Stuttgarter Ecken“ an den Kreuzungen der Liststraße mit Strohberg und Römerstraße sollen im Herbst 2023 umgesetzt werden.

Der Vorschlag fand die in der Sitzung am 07.03.2023 die einhellige Unterstützung des Bezirksbeirats. In der folgenden Sitzung am 21.03.2023 wurde über diesen konkreten Plan noch formal per Antrag abgestimmt, wobei das Gremium der Einrichtung der Stuttgarter Ecken an den Kreuzungen Strohberg/Liststraße und Römer-/Liststraße bei einer Gegenstimme mit großer Mehrheit zustimmte. Laut Präsentation des Stadtplanungsamtes sollen diese noch im Jahr 2023 eingerichtet werden.

Wie geht’s weiter mit der übrigen Straße und Klein List?

Die Planungen für die echte Umgestaltung der Quartiersmitte um Klein List soll parallel dazu weiter gehen. Der Stadtplaner Felix Märker hat bereits signalisiert, dass er schon ab Sommer 2023 mit mehr Energie und Kapazitäten an die weiteren Schritte gehen kann. Er hat vor, das Thema nochmals in einer Bürgerbeteiligung zu erörtern, bevor die Pläne endgültig in die Umsetzung gehen. Parallel dazu soll das Projekt mit Mitteln für die Planung und Umsetzung im kommenden städtischen Haushalt für die Jahre 2024/25 verankert werden. Die Fraktionen der ökosozialen Mehrheit (Grüne, SPD, Fraktion, Puls) habne dafür bereits Zustimmung signalisiert. Für uns als Nachbarschaft sind beides erst einmal gute nachrichten, da wir zum Einen damit rechnen können, dass hier eine Auswertung des öffentlichen Raums ansteht. Zum Anderen besteht die Möglichkeit, im Rahmen einer Bürgerbeteiligung mitzureden.

Am Ende bleibt auch Ernüchterung: Nachdem das Projekt seit 2015 durch die Nachbarschaft geistert, von vielen Menschen begrüßt und von Manchen kritisch betrachtete wird, dauert es am Ende über zehn Jahre, bis daraus überhaupt irgend etwas Sichtbares entsteht. Andererseits wissen wir im Grunde alle, dass uns im Zeichen der dringend notwendigen Anpassung an den Klimawandel keine Zeit bliebt, um unsere Stadt fit zu machen für kurze Wege ohne Auto, für weniger versiegelte Flächen sowie mehr Verkehrsalternativen wie Sharing, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr.

Eine Idee und Mittel, um sie zu verfolgen

Um hier schneller sichtbare Zeichen zu setzen und auch den Diskurs um die Mittel der Wahl transparenter zu führen, fänd ich es großartig, wenn wir im Viertel schneller als irgendwann ab 2025 ins Tun kommen. Eine solche Chance bietet derzeit der Stuttgarter Klima-Innovationsfonds mit seiner Förderlinie „Efeu“. Diese Förderlinie unterstützt Projekte zur Begrünung, Kühlung und Entsiegelung der Stadt sowie für blaue Infrastruktur (Wasser zur Kühlung oder Versorgung von Pflanzen). Projekte, welche die Kommunikation fördern und/oder Pilotversuche für eine nachhaltige Begrünung in die Stadt bringen, zählen ausdrücklich zum Förderschwerpunkt.

Ich habe große Lust, die Zeit bis zu den endgültigen Planungen von Klein List für Tests, temporäre Begrünungsen im öffentlichen Raum und für einen aktiven, professionell begleiteten Diskurs über diese Themen zu nutzen. Das kann ein Mensch allein nicht nebenbei stemmen, aber dafür könnten die Nachbarschaft sowie am Prozess beteiligte Akteurinnen und Akteure einen Projekt-Antrag beim Klima-Innovationsfonds stellen. Allein bringt das wenig, aber als Gruppe interessierter Nachbarn mit kundigen Profis im Rücken kann das funktionieren. Vereine und Initiativen werden bei derartigen Projekten der Förderlinie Efeu mit bis zu 90% gefördert, das Volumen geht bis 499.999 Euro.

Offene Frage: Wer kann sich vorstellen, hier mitzumachen? Gerne als Kommentar hier drunter, per Mail oder über das Feedback-Formular auf dieser Seite.